ROTZPIPN - DER EINZIG WAHRE JASS* ZU ZWEIT!

*Jass: ein Schweizer Kartenspiel. Wenn Du nicht mal d i e s weisst, dann klicke hier.

INTRO:

Wer nicht Jassen kann, ist hier falsch: Damit einem nachstehenden Zeilen was bringen, sollte der Leser ein guter Jasser sein, oder wenigstens sich selber für einnen solchen halten...
Die Rotzpipn (Sorry für den dämlichen Namen - stammt aus einem österreich'schen Schlager - aber das ist eine andere Geschichte) ist ein Jass für zwei Personen, meiner Meinung nach der EINZIG wahre Jass der zu zweit auch Spass macht. Ein Partie dauert rund eine Stunde, ev. auch einiges länger, wenn die zwei Jasser lange hirnen müssen, geübte Spieler sind auch schneller fertig. Dieser Jass ist ein Nebenprodukt des Diplomsemesters von Patrick Schaad und Ivo Vasella im Jahre 1994 und muss jetzt hier endlich einmal mit seinen wichtigsten Regeln festgehalten werden! Das Spiel wurde in vielen langen Nachmittagen auf empirische Weise entwickelt - der Ausgleich zur allgegenwärtigen Diplomarbeit im Sommer 1994. Der Jass ist eine Mischung zwischen "Coiffeur", "Schieber" und "offene Jass" und die hier vorgestellte Version kann natürlich geändert werden, ist aber so ausgefeilt, dass meiner Meinung nach keine Änderungen notwendig sind - es ist bereits die beste Version!

 

REGELN:

Kartenverteilung:
Jeder Spieler erhält 6 Karten verdeckt auf dem Tisch, 6 Karten aufgedeckt auf dem Tisch (jeweils immer eine offene liegt auf einer verdeckten Karte) und 6 Karten in der Hand, welche der Gegner nicht kennt. Jeder Spieler weiss zu Beginn also: 12 eigene Karten und 6 Karten des Gegners. Jeder Spieler bekommt noch 6 Karten im Verlaufe des Spiels, deren Wert er aber zu Beginn nicht weiss.

Spielverlauf:
Der eine Spieler gibt aus, der andere ist am Trumpfen. Letzterer wählt nun eine Spielmöglichkeit aus der untenstehenden Tabelle aus, verkündet seinen Entscheid und spielt aus. Möchte er sich nicht für eine der ihm noch zu Verfügung stehenden Varianten entscheiden, sagt er "gschobe" und sein Gegner (der Kartengeber dieser Runde) muss eine seiner noch zu Verfügung stehenden Varianten wählen. Zurückschieben kann man nicht. Hat einer der Spieler alle seine 8 Spiele gewählt, ist immer der andere Spieler an der Reihe, bis beide Spieler alle 8 Spiele gewählt haben, bzw. die Tabelle gefüllt ist (wie "Coiffeur-Jass" oder Würfelspiel "Yatzee"). Eine Partie besteht also immer aus 16 Runden.

 

Tabelle:

-

Faktor

(Name

Spieler 1)

(Name

Spieler 2)

Rosen

1

.

.

.

.

Eicheln

1

.

.

.

.

Schilten

2

.

.

.

.

Schellen

2

.

.

.

.

Misere

2

.

.

.

.

Unten rauf

3

.

.

.

.

Oben runter

3

.

.

.

.

Rotzpipn

4

.

.

.

.

Total

-

-

.

-

.


Wenn ein Spieler ein Spiel macht schreibt er das Resultat in die dritte (Spieler 1) bzw. in die fünfte (Spieler 2) Spalte. In die vierte bzw. sechste Spalte kommt dann die Differenz, welche mit dem Faktor multipliziert wird.
Beispiel: Spieler 2 wählt Schellen und macht 103 Punkte. Er schreibt die Zahl in das entsprechende Feld. Spieler 1 hat in einem früheren Spiel bereits schon einmal Schellen gewählt und hat 92 Punkte gemacht. Die Zeile sieht dann so aus:

Schellen

2

92
0
103
22
Spieler 2 erhält somit (103-92) x 2 = 22 Punkte. Beide Spieler können jetzt bis zum Ende der Partie nicht mehr Schellen wählen - Ausnahme: sie haben die Zeile "Rotzpipn" noch frei und wünschen bei Rotzpipn Schellen zu spielen. Sind alle 16 Runden gespielt wird zusammengezählt. Der Spieler welcher am meisten Punkte hat, hat gewonnen (Rotes Feld).

Spezielle Regeln:
Bei Rotzpipn kann jede beliebige der Sieben Trumpfmöglichkeiten gewählt werden.
Bei Misere wird wahlweise "Oben runter" oder "Unten rauf" gespielt. Man erhält jeweils die Punkte seines Gegners gutgeschrieben. Misere mit Trumpfwahl empfehle ich nicht (müsste vorher abgemacht werden)
Es kann nicht gewiesen werden.
Ein Match gibt nur 157 Punkte. (Gratulation!!! Match ist bei diesem Jass wirklich sehr schwierig!)

Tipps:
Die Variante Misere und die einfachen Spiele (Rosen, Eicheln) sollte man sich wenns geht möglichst lang frei behalten: Wenn man schlechte Karten hat und wählen MUSS, ist man froh, wenn man nur mit dem einfachen Faktor bestraft wird. Misere ist manchmal eine ziemliche Glücksache, wer gut alle Karten zählen kann, ist hier besonders stark im Vorteil!
Es empfiehlt sich zu Beginn einer Runde möglichst die offenen Karten auf dem Tisch zuerst zu spielen, man hat so länger eine grössere Auswahl der Spielkarten, weiss schneller welche Karten einem noch gehören werden und hat so auch länger mehr Karten in der Hand, die der Gegner nicht weiss.

Ich wünsch jetzt nicht "Stöck, Wies, Stich!" oder sonst einen Göpf-Egg-Schlachtruf, sondern ganz banal:
"Viel Vergnügen!"

© Ivo Vasella, 7.9.2002, alle Rechte vorbehalten

 

 

Beat Zaugg hat hierzu eine Ergänzung gemailt, die ich Euch nicht vorenthalten möchte:

Der Zweier-Sidi

Kenntnisse im 4er-Sidi-Barrani werden vorausgesetzt. Dieser „Bieter-Schieber“ gilt vielerorts als der interessanteste Jass.
In seinem (leider vergriffenen) Buch „Vom Dräck-Jass zum Zweier-Sidi“ führt Peter Hammer verschiedene Jassarten und -varianten auf, darunter den Sidi im Duett. Die „Erfindung“ des Zweier-Sidis sieht er zwar nicht als eine Pionierleistung an – zu sehr gleicht dieser dem klassischen Sidi-Barrani, d.h. dem 4er-Sidi. Jedoch bereichert diese Variante die wenig interessanten Angeboten an Jassarten für zwei. Beim Jassen eröffnen sich erst ab 3 SpielerInnen (wir Männer sind mitgemeint) so richtig die taktischen und strategischen Möglichkeiten – daran ändert auch ein Zweier-Sidi oder Rotzpipn (siehe oben) nichts. Das Interessanteste beim Jassen ist das Zusammenspiel mit der Partnerin.

Beim Zweier-Sidi erhält jede SpielerIn 18 Karten, 6 verdeckt, 6 offen auf die verdeckten und 6 in die Hand. Sobald eine offene Karte gespielt wird, wird die darunter liegende verdeckte umgedreht. Wer nicht gegeben hat, eröffnet das Bieten mit einer Ansage von mind. 60 Punkten. Im Gegensatz zum 4er-Sidi muss dabei aber nur die Punktezahl, nicht jedoch auch die Trumpfart gesagt werden. Erst nach dem Bieten wird die Trumpfart genannt. Wer höher bieten will, muss mind. 5 Punkte mehr ansagen. Sobald eine der beiden SpielerInnen passt, bekommt der/die andere den Zuschlag und gibt die Trumpfart bekannt. Neben den 4 Farben als Trumpf können zudem Undenufe und Obenabe angesagt werden. Jede Trumpfart zählt einfach, gewiesen wird nicht, Stöck zählen nicht. Der Match zählt 157 Punkte.
Zu hoch zu bieten, kann gefährlich sein: Findet der/die SpielerIn, der/die gepasst hat, dass der/die GegnerIn die angesagte Punktzahl nicht erreichen kann, dann klopft sie auf den Tisch und doppelt somit das Angebot. Geschrieben werden in jedem Fall die erzielten Stichpunkte beider SpielerInnen, die angesagten Punkte jedoch – je nach Erfolg oder Misserfolg der Ansage – nur beim einen oder anderen.
Beispiel:
A hat mit 95 Punkten den Zuschlag erhalten und macht Schellen Trumpf. B findet aufgrund der eigenen Karten, dass A nicht so viel Punkte machen wird, und klopft. Erreicht A nun 95 oder mehr Stichpunkte, erhält A – wie immer – die erzielten Stichpunkte plus 190 (2x 95) Punkte. Erreicht A nicht 95 Stichpunkte, gehen die 190 Punkte an B.
Gespielt wird auf eine bestimmte Punktzahl (z.B. 1500).
Varianten:
Zu den bereits erwähnten Trumpfarten können andere kommen: z.B. Slalom (tricky), Trumpf-Unde oder Misère (beide für den Zweier-Sidi sehr geeignet) Der Coiffeur-Jass liefert da schöne Vorgaben. Wem das „O-Weh“-Spielen (ohne Weisen) nicht behagt, kreiert eine Variante mit grösserem Glücksfaktor. Und ein Match kann mit 257 gewertet werden.
Der Zweier-Sidi hat eigene taktische Feinheiten:
- Ein Trumpf ohne Trumpfbauer kann gewagt werden. Meistens macht die Gegnerin damit – wenn sie ihn denn hat – nur 31 Punktet (und maximal 39).
- Die kritische Bietgrenze liegt etwa bei 100 Punkten. Wer mehr ansagt, hat entweder gute Karten, hofft auf gute Karten unter den Verdeckten oder will die Gegnerin hinauftreiben. Das Erreichen von mehr als 130 Punkten ist selten.
- Das Ausspielen erweist sich – ausser zu Beginn – bald eher als Nach- denn als Vorteil. Deswegen sind stechmässig tiefe Karten im eigenen Blatt oft sehr willkommen, so dass man die Gegnerin (weiterhin) zum Ausspielen zwingen und dann darauf reagieren kann.

Alles Sidi oder was? Falls nicht: bezaugg@hispeed.ch
, 15.7.2003